Der Kannibale

Anthropophagie

Anthropophagie, auch umgangssprachlich Kannibalismus genannt, bezeichnet den Verzehr

von Menschenfleisch durch Menschen. Es werden drei Arten von Kannibalismus

unterschieden, den Hungerkannibalismus, den medizinischen Kannibalismus und den

rituellen Kannibalismus. Der Hungerkannibalismus kann in allen Kulturen bei

Nahrungsknappheit, z.B. verursacht durch Krieg und/ oder Naturkatastrophen,

vorkommen. Hierbei wird Menschenfleisch verspeist, weil keinerlei andere Nahrung zur

Verfügung steht. Mit dem Essen des Fleisches wird das eigene Überleben gesichert. Beim

medizinischen Kannibalismus, der bis in das 19. Jahrhundert praktiziert wurde, wird dem

Verzehr von Menschenfleisch eine heilende Wirkung zugeschrieben. Urvölker aßen das

Fleisch ihrer Opfer, weil sie glaubten, die Lebenskraft so in sich aufnehmen zu können.

Dies beschreibt den rituellen Kannibalismus. Es gibt jedoch noch eine vierte Art von

Kannibalismus der oftmals außer acht gelassen wird. Hierbei handelt es sich um eine

Perversion die zum Kannibalismus führt, die oft im Zusammenhang mit sexuellen

Geschlechtsakt oder am puren Gefallen am verspeisen des Menschenfleisches auftritt. Der

Täter findet das Trinken vom Blut oder Essen des Fleisches seines Opfers als sexuell

Stimulierend und erregend.

 


Friedrich Haarmann

Friedrich Heinrich Karl Haarmann (Abb.14) wurde am 25. Oktober 1879 in Hannover

geboren. Er war der Jüngste von sechs Kindern der Familie. Seine Mutter verwöhnte ihn

und von seinem Vater wurde er wegen seiner femininen Zügen gehasst. Haarmann wurde

im Kindesalter von seinem älteren Bruder jahrelang sexuell Missbraucht. Er spielte mit

Puppen, fand aber auch gefallen daran, seine Schwester zu fesseln, bis sie ihm wehrlos zu

Füßen lag. In älteren Jahren missbrauchte er die Kinder seiner Nachbarin, das Verfahren

gegen ihn wurde jedoch eingestellt. Es wurde ein unheilbarer Schwachsinn bei Haarmann

attestiert und er wurde in die Heilanstalt Klosterbezirk Sülte in Hildesheim (Abb.15)

eingewiesen. Er beging mehrere Fluchtversuche, wovon einer gelang und er sich in die

Schweiz absetzte. 1899 kehrte er nach Hannover zurück. Haarmann trat seinen Dienst in

der Armee an, wo er als ausgezeichneter Soldat gelobt wurde. Seine Laufbahn in der

Armee endete, als er bei einem Gewaltmarsch Schwindelanfälle und Kopfschmerzen

bekam. Haarmann wird zum zweiten Mal durch den Militärarzt für schwachsinnig erklärt

und aus der Armee entlassen. Er hielt sich mit Diebstählen und Einbrüchen über Wasser

und wurde deswegen 17 Mal verurteilt. Haarmann wand sich der Homosexualität zu, die er

hauptsächlich mit jungen Männern vom Bahnhof, Ausreißern und entlaufenen Kindern

auslebte. Er setzte seine Laufbahn als Kleinkrimineller fort. Als er 1918 aus dem

Gefängnis entlassen wurde, war der 1. Weltkrieg bereits vorbei.

Haarmann lebte zuletzt in der Straße Rote Reihe im heutigen Stadtteil Calenberg Neustadt

in einem Dachzimmer (Abb.16). 1919 lernte er seinen späteren Komplizen und

Kleinkriminellen Hans Grans (Abb.17) kennen. Sie pflegten mehrere Jahre eine sexuelle

Beziehung miteinander. In der Nachkriegszeit lebte Haarmann vom Handel mit Altkleidern

und Fleischkonserven.

Im Jahre 1924 wurden in den Monaten Mai und Juni fünf menschliche Schädel in der

Leine, zwischen Leineschloss in Hannover und Garbsen, gefunden. Die

gerichtsmedizinische Untersuchung ergab, dass es sich um die Schädel von Männern

handelt, die mit einem Messer vom restlichen Körper abgetrennt wurden waren. Eine

Polizeikommission wurde eingerichtet und die Ermittlung gegen einen Serienmörder

begannen. “ Die Polizei suchte die Umgebung der Fundorte ab und hatte nach kurzer Zeit

nicht weniger als fünfhundert zerstückelte menschliche Körperteile gesammelt, die, wie die

medizinische Untersuchung ergab, zu insgesamt einundzwanzig Körpern junger Männer

gehörten, von denen der Jüngste zum Zeitpunkt seines Todes gerade einmal um die elf

Jahre alt gewesen war” (Haberland,146).

Die Polizei konnte ein Raubmotiv für die Taten schnell ausschließen, sie vermutete eher

einen homosexuellen Täter. Mit einem Personenkreis von circa 30 Männern, darunter auch

Haarmann, grenzte die Polizei die Zahl der Tatverdächtigen ein. Ein Polizeibeamter

erinnerte sich, dass Haarmann 1918 unter Verdacht stand, zwei Männer getötet zu haben.

Somit rückte er erneut in das Fadenkreuz der Ermittler. Ab dem 17. Juni 1924 wird

Haarmann rund um die Uhr überwacht, dies führte jedoch zu keinem Ergebnis. Am 22.

Juni 1924 wird Haarmann am Hauptbahnhof wegen Bedrohung eines Jugendlichen

verhaftet. Daraufhin folgte am 23. Juni1924 die Untersuchung seiner Wohnung. Es wurden

Blutspuren und etliche, teilweise mit Blut befleckte Kleidungsstücke gefunden. Haarmann

erklärte, das Blut stamme von seinem eigenen Nasenbluten. Die Mordkommission führte

Tage lang Vernehmungen durch. Am 29. Juni 1924 gestand Haarmann unter körperlicher

Misshandlung einige Tötungen. Er berichtet, er habe seine Sexualpartner im Moment der

höchsten Erregung in die Luftröhre gebissen. Einige seiner Opfer sind davon erstickt,

anderen habe er die Kehle regelrecht durchgebissen. Dies widerrief er am nächsten Tag

wieder. Warum Hans Grans am Leben blieb, bleibt bis heute unklar. Wahrscheinlich lag es

daran, dass Grans Haarmann mit bereitwilligen jungen Männern versorgte. Hierfür bekam

Grans Fleisch und Zigaretten, die er auf dem Schwarzmarkt verkaufte. Ob unter dem

Pferdefleisch auch menschliches Fleisch gewesen war, ist bis heute nicht bewiesen.

Haarmann wies diese Anschuldigungen energisch bis zuletzt zurück. Und doch hatte sich

der Volksmund seine Meinung schon gebildet. Kinder sangen von nun an viele Jahre die

berühmt gewordenen Zeilen: “Warte nur ein Weilchen...”(siehe Anhang Seite 58) in den

Straßen Hannovers. Als Hans Grans festgenommen wurde, war er ganz und gar in der

Kleidung eines der Opfer von Haarmann gekleidet. Die Polizei stellte die gefundene

Kleidung aus Haarmanns Wohnung öffentlich aus. Die Angehörigen kamen aus dem

gesamten Reichsgebiet, um die Kleidung der Opfer zu identifizieren.

Haarmann wurde der Prozess gemacht. Der Prozess dauerte 14 Tage, vom 4.-19. Dezember

1924. Die Anklage lautete, Mord an 27 Menschen im Jahre 1918-1924, es wurden mehr als

130 Zeugen in diesem Fall vernommen. Haarmann wurde zum Tod durch Enthauptung

verurteilt. Hans Grans wurde wegen Beihilfe zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt.

Das Urteil von Haarmann wurde am frühen Morgen des 15. April 1925 vollstreckt.

Im Jahre 1961 wurde bekannt, das Haarmann unter Verwendung von unerlaubten

Vernehmungsmethoden gestand. Laut Notizen eines Ermittlungsbeamten wurde Haarmann

in eine speziell für ihn präparierte Gefängniszelle gesperrt. In dieser Zelle sollen in jeder

Ecke des Raumes Schädel platziert worden sein, die von hinten beleuchtet wurden.

Außerdem befanden sich außerhalb der Reichweite von Haarmanns Kette die Gebeine

einiger Opfer. Ihm wurde von den Polizisten berichtet, dass die Toten kommen und ihn

holen würden. Desweiteren wurde Haarmann während der Vernehmungen geschlagen.

Dies lässt vermuten, dass Haarmann nur deshalb gestanden hat.


 Karl Denke

Karl Denke (Abb.18), geboren am 12.August 1870 in Oberkunzendorf bei Münsterberg,

wohnte seit 1880 in Münsterberg in der Teichstraße 10. Denke war ein “kleiner kräftiger

Mann mit gepflegtem Schnurrbart, etwa sechzig Jahre alt, das schüttere Haar

ergraut”(www.serienkiller.de). Am Sonntag, dem 21. Dezember 1924, klingelte der

Wanderarbeiter Vincenz Olivier an der Tür von Denkes Wohnung. Er bat um etwas Geld

und um etwas Essen. Denke lud ihn daraufhin in seine Wohnung ein, da er gerade am

Mittagstisch saß. Olivier wurde von Denke gefragt, ob er lieber gepökeltes oder gekochtes

Fleisch bevorzuge. “ Man kann sich seine Überraschung und Vorfreude vorstellen, wenn

man bedenkt, dass ein Kilo Fleisch in den Zeiten der grenzenlosen Inflation mindestens

eine Milliarde kostet” (Haberland, 130). Nach dem Essen bat Denke Oliviers, ob er ihm

beim Schreiben eines Briefes behilflich sei, da dies ihm aufgrund seines Gelenkrheumas

schwer fiele. Olivier willigte ein und Denke reichte ihm Papier und einen Stift. Denke

begann zu diktieren : “Adolf, du dicker Wanst...” (Pfeiffer 1997, 128)

er hinter Olivier auf und ab. Olivier hielt es für einen Scherz und drehte sich um, als im

selbigen Moment eine Spitzhacke auf ihn niedersauste und ihn an der Schläfe traf. Er

sprang auf und riss Denke die Hacke aus der Hand und rannte zur Tür. Im Treppenhaus

eilten ihm zwei junge Männer zu Hilfe, die seine Schreie aus Denkes Wohnung gehört

hatten. Olivier berichtete ihnen von Denkes Mordversuch und zeigte ihnen die Spitzhacke.

Die Männer glaubten ihm nicht. Sie meinten:”Papa Denke sei ein braver Mann, der tue

keiner Fliege was zuleide.” (Haberland, 131). Karl Denke war auf so einen Fall vorbereitet,

er erklärte den Männern, er habe den Bettler essen gegeben und dieser wollte ihn nachher

bestehlen. Denke sagte, er musste sich mit der Spitzhacke wehren. Die Männer glaubten

Denke und schleppten Olivier zur örtlichen Polizeistation. Vincenz Olivier wird wegen

Betteln und Landstreicherei angeklagt und vor Gericht gestellt. Olivier überzeugte nach

langen Unschuldsbeteuerungen den Richter von seiner Unschuld. Karl Denke wird

festgenommen. Er wurde wenige Stunden nach seiner Verhaftung tot in seiner Zelle

aufgefunden. Denke hat sich mit einer Schlinge, die er aus seinen Hosenträgern gemacht

hat, am Fenstergitter erhängt. Die Polizei untersuchte seine Wohnung. Durch seinen

Freitod blieb es ihm erspart, mit den Funden in seiner Wohnung konfrontiert zu werden.

“Was die Beamten dort entdecken mussten, waren mehrere Fässer voller gepökeltem

Fleisch. In anderen Kübeln war das noch rohe Fleisch als die Brust und das Gesäß eines

Mannes zu erkennen. In verschiedenen Töpfen schwamm Fett. Dazu wurde ein Beil

gefunden und eine Säge, mehrere Fleischmesser, eine Waage, etliche Kleidungsstücke

unterschiedlichster Größen, verschiedene Ausweise von Wanderarbeitern und registrierten

Bettlern und ein Notizbuch, in dem Karl Denke insgesamt dreißig Mordtaten penibel mit

Tatzeiten, Namen, Berufen, Geburtsdaten und Gewicht der Opfer notiert”(Haberland, 132).

Die Liste begann mit dem Namen Ida Launer, am 21.02.1903, eine der vier Frauen die

Denke geschlachtet, verarbeitet, gegessen und wahrscheinlich auch auf dem Breslauer

Wochenmarkt verkauft hat. Die Nr.30 der Liste war Kaspar Hubalek am 20.04.1924. Als

letzten Eintrag der Liste wurde Vincenz Olivier geführt, sein Name wurde von Denke

bereits eingetragen. Desweiteren wurde in der Wohnung 420 menschliche Zähne gefunden,

die Denke in zwei Blechbüchsen aufbewahrte. Es wurde zweifelsfrei festgestellt, dass es

sich ausnahmslos um menschliche Überreste handelt. Insgesamt wurden in Denkes

Wohnung 480 männliche Körperteile, ausgekochte Knochen, Rippen und Schädel

gefunden.

Es wurden Zeugen ermittelt die berichten konnten, das Denke Unmengen von Fleisch zu

sich genommen hat, obwohl sich die meisten Leute in der Zeit keines mehr leisten konnten.

Einige erklärten, sie haben Denke öfters Eimer voller Blut in den Gully schütten sehen und

sie hätten beobachtet, wie er riesige Fleischmengen in den Schuppen, hinterm Haus,

geschafft hatte.

Zahlreiche Psychoanalytiker beschäftigten sich mit dem Phänomen des Kannibalismus und

mit der Frage, warum ein netter alter Mann, wie Denke, zu einem solchen Kannibale wird.

Dr. Pietrusky vermutet in Denke einen debilen Psychopathen mit sexueller Perversion,

welches er damit begründet, das Denke Hautstücke mit Brustwarzen und der Schamgegend

aus seinen Opfern schnitt. Dies Ritual diente vermutlich dazu, seine Überlegenheit zu

verdeutlichen und um sein fetischistisches Verlangen zu befriedigen. Auf der anderen Seite

konnte er sich so stets und ständig an seine längst verspeisten Opfer erinnern und sie

blieben ihn immer gegenwärtig. Dr. Pietruskys Bericht, über Denke endete mit folgenden

Worten: “Hier der duldsame, friedfertige, gutmütige alte Sonderling, dort die mordgierige

Bestie. Unter der Oberfläche feierten Gefühle und Gedanken Orgien. Menschen zu

Dutzenden werden gemeuchelt, wie Tiere ausgeschlachtet, gewogen, zerteilt und gegessen,

aus der Haut werden Hosenträger und Riemen angefertigt und getragen, genaue Listen

über das Gewicht der Opfer werden angelegt, die Zahlen wie zur Unterhaltung geordnet

und addiert, Zähne zu Hunderten gesondert und wie Spielmarken aufgehoben ... Nach

allem aber werden wir in Denke nicht das verabscheuungswürdige Ungeheuer sehen

müssen, sondern einen Unglücklichen, der nach ehernen Gesetzen seines Daseins Kreise

vollenden mußte” (Pfeiffer 1997, 130).

, währenddessen lief
 
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